Täglich ein Gebet und eine Münze pro Woche
Die Lebensgeschichte von Pauline-Marie Jaricot
Täglich ein Gebet und eine Münze pro Woche
Mit der «Sammlung des Missionsrappens» in Lyon initiierte Pauline-Marie Jaricot 1718 das weltweit erste missionarische soziale Netzwerk. Sie gilt als Wegbereiterin der Päpstlichen Missionswerke.
Glaube und materielle Not
Mit 17 Jahren erlebte Pauline-Marie Jaricot, 1799 geboren und aus einer vornehmen Lyoner Fabrikantenfamilie stammend, eine tiefgreifende religiöse Bekehrung. Diese veranlasste sie dazu, den Kontakt zu den Arbeiterinnen und Arbeitern zu suchen, die unter schwerer Ausbeutung litten. In dieser Zeit wurde ihr bewusst, dass mit der schwierigen materiellen Lage auch eine tiefe spirituelle und moralische Not verbunden war.
Glaubenskraft im Miteinander
Mit der «Sammlung des Missionsrappens» schuf Pauline-Marie Jaricot das erste missionarische soziale Netzwerk. In diesem organisierten sich Gruppen, die sich zum täglichen Gebet und wöchentlichen Spenden - «Täglich ein Gebet und eine Münze pro Woche» - verpflichteten. Sie veröffentlichte Berichte von Missionaren in den sogenannten „Annalen“, die bis heute faszinierende Einblicke in fremde Kulturen geben. Ihr gelang es, die Mission zum Anliegen von vielen Gläubigen zu machen. Auf die Frage hin, wie solche Gruppen funktionieren, antwortet sie: «Wenn man Kohlestücke einzeln liegen lässt, dann erlöschen sie. Schiebt man sie jedoch zusammen, entsteht ein Feuer.»
Von Lyon in die Welt
Aus ihrer rasch wachsenden Initiative wurde 1822 das «Werk der Glaubensverbreitung» errichtet, das über Lyon hinaus schnell internationale Bedeutung erlangte. Pauline-Marie Jaricot erlangte 1826 auch durch die Gründung der ebenfalls stark wachsenden Gebetsvereinigung des Lebendigen Rosenkranzes grosse Bekanntheit. Damit konnte sie eine Gemeinschaft von Gläubigen mobilisieren, die sich sowohl spirituell als nach ihren materiellen Möglichkeiten in die Mission einbrachten. In der Folge entstanden schliesslich die Päpstlichen Missionswerke, bekannt als «Missio», die heute in 140 Ländern aktiv sind und über 1'100 Ortskirchen unterstützen.
Von der Spiritualität zum Engagement
1832 gründete sie die Laiengemeinschaft «Die Töchter Mariens». Sie hatte stets eine globale Perspektive und setzte sich unermüdlich für die Unterstützung der Missionen ein. Pauline-Marie Jaricot verstand es, die Mission zu einem Anliegen einer grossen Zahl von Gläubigen zu machen. Ihre körperliche Schwäche und Krankheiten führten sie zu Zeiten der intensiven Meditation und des Gebets. So verband sie spirituelle Tiefe mit praktischer Tatkraft. Ihre Werke benötigten materielle Ressourcen, und so sammelte sie immer auch Spenden.
«Ich war nur das Zündholz»
Als Frau wurde sie anfangs in der von Männern dominierten Kirche oft nicht wahrgenommen, doch trotz aller Widrigkeiten behielt sie ihren Glauben und ihren Willen, weltweit etwas zu bewegen. Ihr beeindruckendes Organisationstalent führte dazu, dass sich die „Annalen“ bald mit einer Auflage von 200'000 Exemplaren verbreiteten und sie umfangreiche Geldmittel für die Missionsanliegen sammeln konnte. Pauline-Marie Jaricot verstand sich aber nie als Begründerin ihrer Werke, sondern stets als Werkzeug Gottes: «Ich war nur das Zündholz, welches das Feuer entfacht hat.»
Bleibendes Vermächtnis im Glauben und sozialen Engagement
Trotz ihrer unternehmerischen Ambitionen, einschliesslich der Gründung einer sozial orientierten Fabrik, war sie im Alter mittellos und isoliert. Ihr Schicksal erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dass Menschen zusammenstehen. Mit dem Wachstum ihrer Werke über Lyon hinaus hinterliess Pauline-Marie Jaricot einen bleibenden Einfluss auf die Glaubensverkündung und die Linderung materieller Not – ein Vermächtnis, das bis heute wirkt. Ihre Idee der globalen, einbeziehenden Mission hat die Bedeutung des Glaubens für viele Menschen in aller Welt erschlossen. Ihre Seligsprechung erfolgte am 22. Mai 2022 in Lyon.